Revision eines Kalibers Junghans J80/12; Junghans 680.75

Ein Uhrwerk - so hoch wie ein Sandwich

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Junghans J80/12; Junghans 680.75; Front; Fundzustand

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Junghans J80/12; Junghans 680.75; Front; Fundzustand

So erreichte mich die Uhr. Sie lief nicht, die Gangreservenanzeige signalisierte Vollaufzug. Die Zeigerstellung funktionierte. Ich hatte sie aber als “defekt“ erstanden und so war es auch, es rührte sich nichts.

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Junghans J80/12; 680.75; Werk; movement

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Junghans J80/12; 680.75; Werk; movement

Beim ersten Blick unter den verschraubten Stahlboden, fiel mir die fehlende Feder auf dem Deckstein der Unruhstoßsicherung auf. Zum Glück jedoch war die Uhr so verklebt und verharzt, dass trotzdem Loch- und Deckstein noch vorhanden waren und nicht lose irgendwo im Werk unterwegs waren.

Zapfenbruch!

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Junghans J80/12; 680.75; Unruh; balance wheel

Außerdem war der eine Zapfen der Unruhwelle gebrochen. Da das Junghans J80/12 einen besonderen Unruhreif besitzt, bei dem die Ausgleichsschrauben vertieft sind, konnte ich keine Unruh eines Spenderwerkes einer „normalen“ J80 nutzen. Das Austauschen einer Unruhwelle übersteigt leider mein Können bei weitem, also auf mit der Uhr zum Uhrmacher, der die Unruhwelle wechselte und noch eine Feder für die Stoßsicherung einsetzte. Da ich die Uhr selbst reinigen wollte, habe ich den Uhrmacher gebeten, ausschließlich die Unruhwelle zu wechseln. Dadurch war ein Test auf anschließenden Gang beim Uhrmacher nicht möglich.

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Als die Uhr wieder bei mir war, habe ich als erstes die Aufzugsfeder abgespannt, schon sprang die Gangreservenanzeige auf Null, also funktionierte auch diese.

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Junghans J80/12; 680.75; Rotor

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Junghans J80/12; 680.75; Detail

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Junghans J80/12; 680.75; Detail

Nachdem der Aufzugsrotor ab war, konnte ich die gesamte Aufzugsgruppe abnehmen.

Das Zifferblatt machte mir am meisten Sorgen. Die nachträglich aufgebrachte Leuchtmasse (bei 3, 4 , 5, 7, 11) der Dots war vom Vorgänger teilweise sehr verlaufen appliziert worden und ich beschloss zunächst, nur die schadhaften und zu großen Dots zu ersetzen. Die Leuchtpunkte bei 1, 2, 6, 8, 9, 10 schienen mir original jedoch auch teilweise nicht exakt rund. Auch das Dreieck unter der 12 ist wohl original. Doch zur Leuchtmasse komme ich nochmal später.

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Junghans J80/12; 680.75; Zeigerentfernung; removal of the hands

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Junghans J80/12; 680.75; Zifferblatt; dial

Um das Werk zu zerlegen, mussten natürlich die wohl nicht originalen Zeiger abgenommen werden. Sie sind zu lang, scheinen aber aus der Zeit, aus der die Uhr stammt. Vielleicht hatte der damalige Käufer den Wunsch nach längeren Zeigern. Wer die richtige Länge sehen will, kann hier die Schwesteruhr mit den richtigen Zeigern sehen: Junghans J80/12; Junghans 680.75

Die Leuchtmasse der Zeiger war gleichmäßig gealtert und eigentlich wollte ich diese erhalten, prompt bröselte beim Lösen der Zeiger etwas Radium aus dem Stundenzeiger.

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Junghans J80/12; 680.75; Detail

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Junghans J80/12; 680.75; Detail

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Junghans J80/12; 680.75; Gangreservenscheibe

Nimmt man das Werk aus dem Gehäuse und entfernt das Zifferblatt, hat man einen guten Blick auf die Scheibe der Gangreservenanzeige.

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Junghans J80/12; 680.75; Unruh; balance wheel

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Junghans J80/12; 680.75; Detail

Die empfindliche Unruh wird separat erst einmal zur Seite gelegt. Nach und nach kommt die Mechanik der Gangreserve mit dem Differentialgetriebe zu Tage.

Das Federhaus

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Junghans J80/12; 680.75; Federhaus; barrel

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Junghans J80/12; 680.75; Aufzugfeder; mainspring

Die Schleppfeder im Federhaus ist deutlich verdreckt und weist einen leichten Knick auf, trotzdem habe ich diese wieder verbaut (und leicht zurecht gebogen).

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Junghans J80/12; 680.75; Detail

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Junghans J80/12; 680.75; Detail

Nach der Reinigung: Der Lochstein ist wieder im Lager, den hier gezeigten Deckstein musste ich nochmals mit einem neuen Öltröpfchen versehen, da der Tropfen nicht optimal in der Mitte sitzt…

Das Zifferblatt - ein Drama...

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Junghans J80/12; 680.75; Zifferblatt original; dial original

Jetzt war es Zeit, sich wieder mit dem Zifferblatt zu beschäftigen (Nur mit Mundschutz!). Anfangs habe ich versucht, die nachträglich angebrachten, zu großen und zerlaufenen Leuchtpunkte zu verkleinern.

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Junghans J80/12; 680.75; Zifferblatt; dial

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Junghans J80/12; 680.75; Zifferblatt; dial

Dabei sind ein paar komplett abgefallen.

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Diese habe ich versucht zu ersetzen. Hier die erste Schicht, die Paste trocknet schnell ein und reduziert sich dann deutlich. Daher müssen einige Schichten aufgetragen werden.
Da ich dies das erste Mal gewagt habe, habe ich mehrere Anläufe gebraucht.

Aufbringen der Zeigerleuchtmasse

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Junghans J80/12; 680.75; Stundenzeiger; hourhand

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Junghans J80/12; 680.75; Stundenzeiger; hourhand

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Junghans J80/12; 680.75; Stundenzeiger; hourhand

Auch bei den Zeigern habe ich anfangs versucht, nur das ausgebröckelte Stück zu ersetzen. Im ersten Foto ist die frisch aufgetragene Paste zu sehen, im zweiten nach Trocknung der letzten Schicht. Das dritte Foto zeigt die Vorderseite des Zeigers.
Insgesamt jedoch war ich unzufrieden mit den Leucht-Dots. Schlussendlich habe ich alle (außer dem zentralen Dreieck unter der 12) entfernt und, so gut ich es vermochte, erneuert. Und im letzten Ende auch die Zeiger…

Das Ergebnis

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Junghans J80/12; 680.75; Front

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Junghans J80/12; 680.75; Front

Hier das Endergebnis.

Was mich immer wieder bei der Revision des Kalibers fasziniert hat, ist die Bauhöhe des Werkes.

Junghans J80 12 Werk ohne Rotor.png

Junghans J80/12; Junghans 680.75; Werk ohne Rotor

Immerhin sieben Millimeter!

Wer noch mehr Details zum Kaliber Junghans J80/12 braucht, kann hier nachsehen: Junghans J80/12; Junghans 680.75